Criollos – vom Arbeitspferd zum Freizeitkumpel
Der südamerikanische Criollo soll dieses Mal im Rasseportrait vorgestellt werden, an dessen Entwicklung und Verbreitung in Deutschland ich maßgeblich beteiligt war, für deren Besitzer ich jahrelang mit meinen Rundbriefen und Ratschlägen die „Mutter der Criollos“ war und die mein Leben mit Pferden entscheidend beeinflusst haben.
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Der Einzug in Europa
Es war genau vor 18 Jahren, als ich 1989 auf der Equitana erstmalig Criollos sah, diese stämmigen kleinen Pferde, mit ihrer Stehmähne, kurzen Schweifen und kleinen Reitern auf hohen Fellkissen, welche die Pferde rasant wendeten, hart stoppten und sich in der Hilfengebung nicht gerade durch Harmonie auszeichneten. Gerade frisch der herkömmlichen Reitweise entronnen, von der „lässigen Eleganz der Westernreitweise“ träumend konnte ich diesen Darbietungen nur wenig Positives abgewinnen.
Ein paar renommierte Züchter aus Südamerika wollten die in Deutschland bis dato unbekannte Rasse vorstellen. Auf Initiative des südamerikanischen Zuchtverbandes hatte man Kontakte zur Equitana geknüpft mit der Hoffnung, auf dieser großen Pferdemesse im Mittelpunkt zu stehen. Sie waren der Meinung, wenn man zu diesem Zeitpunkt für 20.000 DM ein ausgebildetes Quarterhorse in Europa verkaufen könnte, dann würde man für diese tolle südamerikanische Pferderasse durchaus an die 30.000 DM bekommen.Sie flogen 6 Wallache, 2 Stuten und zwei Gauchos vier Wochen vor der Equitana nach Deutschland ein und waren ganz verwundert, dass die Verpflegung vom Ross und Reiter schon vor der Equitana ein kleines Vermögen kostete. War es den Südamerikanern vollkommen fremd, für eine Boxe auf dem Ausstellungsgelände am Tag 30 DM zu bezahlen? Die vorgestellten Pferde hatten anscheinend nicht nur für mich wenig Charme und die acht importierten Criollos fanden nicht gerade reißenden Absatzauch wenn man damals oft das Gegenteil in der Presse las. Anscheinend empfanden das mehrere Besucher auch so und deshalb verlor sich die Spur der kleinen wendigen Pferde mit dem Silber beschlagenen Zaumzeug, den hohen Sätteln und den kleinen Männern mit ihren Pump-Hosen wieder. Von der Messe weg wurde nur ein Pferd verkauft und nachdem sie teilweise Monate in einem Handelsstall standen, gingen die restlichen deutlich unter 8000 DM weg. Der Europatrip war ein riesiges Verlustgeschäft geworden – der Traum in Zukunft ganze Flugzeuge mit Criollos nach Europa zu fliegen war zunächst ausgeträumt.
Die Schiffstransporte
Im Winter zuvor (1987/88) fanden geschäftstüchtige Reeder aus Bari (Süditalien) heraus, dass es sich lohnen würde, die Schiffe, welche mit dem Transport von Schafen in den nahen Osten nicht ausgelastet waren, mit anderen Gütern zu beladen. In Südamerika herrschte gerade große Dürre und man verkaufte alle Pferde die man nicht brauchte und zumal sie den Rindern und Schafen das Gras weg fraßen und das wenige noch vorhandene Wasser wegsoffen. Da in Italien ohnehin Pferdefleisch konsumiert wird, und die Pferde sehr billig waren, fuhren Schiffe mit bis zu 1500 Schlachtpferden über den Atlantik. Bald hatte es sich bei den Freizeitreitern herumgesprochen, dass es vor allem in Bayern Pferdehändler gab, welche sich mit diesen Pferden aus Bari eingedeckt hatten. Dass bei diesen mangelhaft ausgerüsteten Schiffen oftmals Verluste von bis zu 30 Prozent der Ladung in Kauf genommen wurden, war den Reedern egal und tat der Nachfrage nach den oftmals bunten Pferde keinen Abbruch. Und dass dabei viele gut verdienten, kann man sich leicht vorstellen, wenn man weiß, dass man 1987 in Südamerika als Großhändler nur etwa 25$ ausgeben musste, wenn man über Land fuhr. Bei den Händlern in Deutschland angelangt wechselten die teilweise stark traumatisierten Pferde zwischen 4000 und 6000 DM den Besitzer. Das war allerdings nur ein sehr geringer Prozentsatz dessen, was in Süditalien gelandet war; nur solche Pferde, die einen Reiter aufsteigen und sich zumindest einen Sattel auflegen ließen.